
Ein Beitrag von Ulrike Dobelstein-Lüthe
Geschäftsführerin der Fürstenberg Foundation
Am Freitag, den 10. Oktober, haben wir im Ernst Deutsch Theater die Hamburger Aktionswoche der seelischen Gesundheit eröffnet – mit einem bewegenden Abend und der Vernissage unserer Ausstellung „Von der Dunkelheit ins Licht“. Gemeinsam mit dem Ernst Deutsch Theater, der Kroschke Stiftung und REDEZEIT FÜR DICH haben wir Räume geöffnet. Für Gespräche, für Offenheit und für Mut.
Rund 400 Gäste waren gekommen. Schauspielerin und Autorin Milka Loff-Fernandes brachte die Botschaft des Abends auf den Punkt:
„Es ist wichtig, Räume für das Thema Mentale Gesundheit zu öffnen und zwar auch mit Blick auf Diversität. Ich weiß, wie schwer es fällt, sich zu öffnen, aber es hilft so sehr.“


Der Fotograf Bertram Solcher zeigte mit seinen Fotografien den Krankheitsverlauf seiner Tochter Janne während einer schweren Depression. Berührende, ehrliche Bilder, die tief unter die Haut gehen. Besonders bewegend war, dass Janne, heute Mitglied unseres Jugendbeirats, selbst anwesend war und sagte:
„Als ich Papa über die Schulter geschaut und meine Fotos gesehen habe, fand ich es krass, wie sehr die Bilder zeigen, wie schlecht es mir ging.“

Fotocredit: Bertram Solcher
In einer Gesprächsrunde mit Das Bo, Milka Loff-Fernandes und Daniel Schütter, Intendant des Ernst Deutsch Theaters, wurde deutlich, wie wichtig solche Abende sind, weil sie zeigen, dass mentale Gesundheit uns alle betrifft. Zum Abschluss sorgte Das Bo mit seinen Songs Happy Depri und Ich bin gut für Gänsehautmomente.

Fotocredit: Bertram Solcher
Nach der Veranstaltung blieben viele Gäste, kamen ins Gespräch, erzählten ihre eigenen Geschichten. Ein Gast der Vernissage schrieb mir später:
„Der Abend war besonders in vielerlei Hinsicht und hat sehr zum Nachdenken angeregt. Ich bin bewegt nach Hause gegangen – die Worte und Bilder haben mich sehr berührt. Ihr leistet tolle Arbeit. Weiter so.“
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All diese Eindrücke des Eröffnungsabends hallen in diesem Moment der Ruhe in mir nach, als ich diese Zeilen schreibe. Besonders aber ein Gespräch am Sonntagabend mit einer älteren Dame, die während der Theaterpause lange vor den Fotos stand. Nach kurzem Zögern erzählte sie mir, dass sich ihre Enkeltochter das Leben genommen hat und dass sie bis heute mit Schuldgefühlen ringt.
Da ist immer nur diese eine Frage: "Wie hätte ich das verhindern können?" Es wurde ein intensives Gespräch. Nach der Vorstellung kam sie noch einmal zu mir, hielt lange meine Hand und sagte leise: „Danke.“
Solche Momente bleiben. Sie tragen. Alle Tage der Woche der seelischen Gesundheit stehen Kolleg*innen von REDEZEIT und ich im Theaterfoyer und sprechen mit den unterschiedlichsten Menschen über ihre Geschichten, über die Fotos und was für Hilfsangebote wir anbieten. Es sind sehr unterschiedliche Gespräche, von offen und zugewandt bis abwehrend war alles dabei.
Am Dienstag, den 14. Oktober, wurde es noch mal still im Foyer des Theaters. 26 Schüler*innen kamen, um die Ausstellung zu sehen und über die Geschichte von und mit Janne und Bertram zu sprechen. Gemeinsam reflektierten wir, was die Bilder in ihnen ausgelöst haben, was sie fühlen, wenn sie an psychische Belastungen denken, und warum es so wichtig ist, offen darüber zu reden. Niemand schaute aufs Handy. Es war konzentriert, ehrlich, berührend. Am Ende bedankten sich alle – für die Zeit, für das Gespräch, für die Offenheit.


Am nächsten Tag erhielt ich eine Nachricht von Caro, der Lehrerin, die mit ihrer Klasse in unserer Ausstellung war:
„Liebe Ulrike, noch einmal herzlichen Dank für alles am Dienstag. Die Schüler:innen waren sehr begeistert. Ich habe gestern mit der Schulleitung Rücksprache gehalten und wir würden uns freuen, wenn ihr mit der Ausstellung zu uns an die Schule kommt. Sonnige Grüße!“
Diese Rückmeldung zeigt, dass Begegnung Bewegung schafft. Dass aus einem Gespräch im Theater neue Wege entstehen können. Direkt hinein in den Schulalltag, dorthin, wo junge Menschen so dringend Unterstützung benötigen.
Nur einen Tag später waren wir mit Mareike Fell in Ahrensburg zu Gast am Gymnasium Stormarnschule. Knapp 80 Schüler*innen nahmen an einem vierstündigen Workshop zur mentalen Gesundheit teil. Es ging um Stress, Selbstwert, Freundschaft und die Frage, wie wir besser auf uns und auf andere achten können. Auch hier war spürbar: Das Thema berührt. Es braucht Raum und er wird angenommen.

Eine Schülerin sagte am Ende:
„Ich wusste gar nicht, dass man so normal über sowas reden kann.“
Und so wird es wohl weitergehen mit unserer Ausstellung... Wir sind gespannt, wo und wann wir mit „Von der Dunkelheit ins Licht“ als Nächstes Station machen werden. Um mit Menschen ins Gespräch zu kommen über Depressionen, über psychische Belastungen und über das, was wir alle brauchen: Verständnis, Nähe und Mut.
Diese Woche hat mich tief berührt. Sie hat gezeigt, dass es sich lohnt, Räume zu schaffen, in denen Menschen sich trauen, echt zu sein. Und dass es genau diese Momente sind, die bleiben und uns weitermachen lassen. Momente, die bleiben.
Wir danken für die Unterstützung der Veranstaltungen der Kroschke Kinderstiftung, dem Ernst Deutsch Theater und dem Apartment 040!


